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Longevity – Gesund alt werden

Das Thema Longevity – auf Deutsch Langlebigkeit – liegt im Moment im Trend. Das ist sicher kein Zufall, denn Langlebigkeit gewinnt in unserer modernen Gesellschaft immer mehr an Bedeutung, da unsere Lebenserwartung stetig gestiegen ist. In der Schweiz beträgt die Lebenserwartung heute im Durchschnitt 84 Jahre. Doch wer länger lebt, gewinnt nicht immer nur gesunde Jahre hinzu. Häufig schränken Beschwerden ab einem gewissen Alter die Lebensqualität ein.

Von Simone Walther Büel
Diplomierte Journalistin/Mitarbeiterin Marketing Services & Kommunikation bei der ebi-pharm ag

älteres Paar joggt

Über das Thema Langlebigkeit und gesund alt werden habe ich mich mit Dr. med. Simon Feldhaus unterhalten. Er ist Chefarzt am Paramed-Zentrum für Komplementärmedizin in Baar und Präsident der SSAAMP (Swiss Society for Anti-Aging Medicine and Prevention), die seit ihrer Gründung das Thema «gesund alt werden» im Fokus hat. 

Simon Feldhaus, was meint man eigentlich genau, wenn man von «Longevity» spricht?

Longevity bedeutet ja am Ende langes Leben, und gewisse Gruppierungen haben die Idee so lange wie möglich zu leben (mindestens 120 Jahre). Eigentlich versteht man darunter aber das bekannte Konzept des «Anti Aging» einfach in neue Worte gepackt. Es geht darum primär die Qualität des Lebens im Alltag zu verbessern, nicht primär die Länge des Lebens, wobei auch längere Lebenszeit natürlich ein Ziel ist.

Wir sprechen hier von der Verlängerung der «besten Jahre», also der Lebensphase in der die Körperfunktionen optimal ablaufen, die Gesundheit und Leistungsfähigkeit hoch ist.

Dabei unterscheidet man dafür zwischen den Begriffen «lifespan», also der Anzahl an Lebensjahren, und «healthspan», der Anzahl an Jahren, die man in Gesundheit verbringt.

Weiterhin unterscheidet man dann auch das sogenannte chronologische Alter (wie alt bin ich effektiv) von dem biologischen Alter (Zustand des Körpers und seiner Organe, gibt das Alter auf Grundlage verschiedener Gesundheits- und Vitalparameter an).

Letzten Endes sprechen wir von präventiven Massnahme, um die Gesundheit so lange wie möglich auf einem optimalen Niveau zu halten. Das entspricht am Ende auch einer sozialen Notwendigkeit, um für die Gesellschaft eine Optimierung der Versorgung zu erreichen, da die Menschen länger leistungsfähig und weniger lange pflegebedürftig sind.

Du hast es angesprochen, es geht darum möglichst gesund und glücklich alt zu werden. Wieviel Einfluss haben wir selbst darauf, dass das gelingt und wie stark wird das von unseren Genen bestimmt?

Hier ist die Forschung noch lange nicht abgeschlossen. Aktuell vorhandene Daten lassen vermuten, dass die Gene alleine nur für ca. 10-20% verantwortlich sind, wie alt wir werden. Zentraler ist der Lebensstil, wie ich mein Leben gestalte und welche präventiven Massnahmen ich ergreife.

Am Ende sprechen wir hier von Epigenetik , also der Einfluss von Umweltfaktoren auf den Aktivitätszustand der Gene. Und diese epigenetischen Faktoren (zu denen neben dem Lifestyle auch beispielsweise Mikronährstoffe, Belastungen mit Schwermetallen etc. gehören) sind immer mehr im Fokus der Longevitiy Medizin.

Das bedeutet also, wir haben sehr vieles selbst in der Hand …
Ich nehme an, es gibt sicher verschiedene Faktoren, wo wir ansetzen können. Kannst du uns die aus deiner Sicht wichtigsten nennen?

Es sind tatsächlich die allgemein bekannten Faktoren eines gesunden Lebensstiles:

  • Regelmässige Bewegung (wir reden hier von 200-300 Minuten moderat-intensive Bewegung pro Woche).
  • Ernährung mit möglichst naturbelassenen, nicht verarbeiteten, biologisch hochwertigen Lebensmitteln; viele gesunde Fette und Proteine, wenig und nur langsam verwertbare Kohlenhydrate, wenig Fruchtzucker, ausreichend Flüssigkeit; am Ende gilt es die Basis der ursprünglichen mediterranen Ernährung einzuhalten.
  • Erholsamer Schlaf: Harvard-Forscher haben herausgefunden: Guter Schlaf verlängert das Leben von Männern um rund 5 Jahre, das von Frauen um etwa 2,5 Jahre.; die ideale Schlafdauer beträgt 7-8 Stunden; nicht mehr als zweimal pro Woche Einschlafschwierigkeiten; nicht mehr als zweimal pro Woche Durchschlafstörungen; keine Einnahme von Schlafmitteln; sich mindestens an fünf Tagen pro Woche nach dem Schlafen ausgeruht fühlen.
  • Muskeltraining: Während viele Jahre lang Ausdauersport im Fokus stand, zeigen nun immer mehr Studien, wie wichtig Krafttraining ist. Denn trainierte Muskeln machen unseren Körper stärker, steigern die Fettverbrennung, wirken sich positiv auf das Herz-Kreislauf-System aus und können uns bis ins hohe Alter fit halten. Außerdem produzieren Muskeln Myokine, Botenstoffe, die unter anderem entzündungshemmend wirken und die Zellregeneration und das Immunsystem fördern. Um ein hohes Alter zu erreichen, sollten Ausdauer und Muskelkraft trainiert werden. Vor allem die großen Muskelgruppen am Rumpf - also Rücken und Brust - sollten beansprucht werden.
  • No Stress: die Stressreduktion gehört zu den relevanten gesundheitsfördernden Life-Style Faktoren und ist gerade in der heutigen Zeit wohl eine der schwierigsten Herausforderungen.
  • Soziale Interaktion: Der Austausch mit Familie und Freunden fördert die geistige Fitness und kann die Lebenserwartung steigern.
  • Hirnleistungstraining: Kognitive Übungen, die ganz unterschiedliche Hirnleistungen trainieren, wie bespielweise Wortschatz- und mathematische Aufgaben, halten das Gehirn fit.

Eine gesunde Ernährung hinzukriegen, ist ja nicht immer ganz einfach. Wann macht es Sinn hier bei allfälligen Mängeln den Körper mit Nahrungsergänzungsmitteln zu unterstützen?

Bedingt durch höheren Verbrauch der Mikronährstoffe in unserem durch Stress geprägten Alltag sowie durch nachlassende Qualität der Nahrungsmittel ist es faktisch nicht mehr garantiert, dass allein durch die Ernährung der Bedarf an Mikronährstoffen gedeckt wird. Dies lässt sich einfach durch eine entsprechende Labordiagnostik nachweisen. Es zeigen sich regelmässig Mängel im Bereich:

Omega 3, Vitamin D, Selen, B12, Folsäure, Zink

Eine individuelle Supplementation durch geeignete Nahrungsergänzungsmittel ist daher die Basis im Bereich Longevity. Minimal ist die Zufuhr von Vitamin D und Omega 3 anzusehen, kombiniert mit einem MultiVitamin/Mineral Produkt.

Oft hört man auch, dass Fasten einen positiven Einfluss auf den Körper und die Lebensjahre haben kann. Stimmt das?

Eine Kalorienrestriktion wirkt sich bei allen bisher untersuchten Organismen von Hefezellen bis zu Menschenaffen lebensverlängernd aus. Dies gilt analog auch für den Menschen.

Die diesem Effekt zugrunde liegenden Mechanismen konnten auf einer molekularen Ebene geklärt werden. Eine Schlüsselrolle spielte dabei der Harvard-Genetiker David Sinclair. Ihm gelang Anfang der 2000er-Jahre der Nachweis, dass einer der wichtigsten Mechanismen die Aktivierung von Sirtuinen ist. Letztendlich sind diese unterschiedlichen Mechanismen Reaktionen des Zellstoffwechsels auf das Signal «Hungerstress», das im Sinne des Hormesis-Prinzips den Organismus in eine Art «Survival Modus» versetzt.

Körperliche Aktivität ist ein wichtiger Faktor, wie du erklärt hast. Welche Rolle spielt denn die geistige Aktivität in Bezug auf die Langlebigkeit?

Das Gehirn ist eine Lernmaschine die regelmässig benutzt werden muss.

Lebenslanges Lernen, soziale Aktivitäten, ein aktiverer Lebensstil und die Aufrechterhaltung der Unabhängigkeit im täglichen Leben können dazu beitragen, dass man ein Super-Ager werden kann. Wer Sprachen lernt, Kontakte pflegt und sich bewegt, kann bis ins hohe Alter geistig fit bleiben und einer Demenz vorbeugen.

Regelmässige soziale Aktivitäten können die Lebenserwartung erhöhen und das Risiko für altersbedingte Erkrankungen senken.

Longevity bedeutet auch, jeden Tag mit Freude und Sinn zu erfüllen. Es geht darum, Leidenschaft für das Leben zu bewahren, neue Erfahrungen zu machen und kontinuierlich zu lernen.

Und gibt es auch gewisse Faktoren, die uns ganz klar schneller altern lassen und die man damit möglichst vermeiden sollte?

Faktoren, die den Alterungsprozess negativ beeinflussen und am Ende beschleunigen sind: 

  • Krankheiten, Umwelteinflüsse, Bewegungsmangel, Fehlernährung oder Suchtmittelkonsum.
  • Trinken wir zu viel Alkohol, rauchen oder liegen zu lange in der Sonne, setzen wir unseren Körper biologischem Stress aus, dann kommt es sowohl bei jungen als auch bei älteren Menschen zu molekularen Schäden, bei der Ernährung sind Altersbeschleuniger die zivilisierte, industrialisierte, veränderte Kost. Besonders negativ ist der Zucker, das Weissmehl, das Fast Food und die gehärteten Fette.
  • Einer der stärksten Alterungsbeschleuniger ist aber der chronische Stress.

Simon Feldhaus, vielleicht kannst du uns zum Schluss noch verraten, was Blue Zones sind und was die mit Langlebigkeit zu tun haben?

Der Begriff «Blue Zone» wird in der Sozialwissenschaft verwendet, um die Regionen der Welt zu beschreiben, in denen die Menschen länger und gesünder leben als der Durchschnitt. Diese Zonen sind begrenzte und homogene geographische Gebiete, in denen die Bevölkerung denselben Lebensstil und dieselbe Umwelt teilt.

Derzeit werden folgende Regionen als «Blue Zones» betrachtet:

  • Okinawa (Japan)
  • Sardinien (Italien)
  • Nicoya Halbinsel (Costa Rica)
  • Ikaria (Griechenland)

Allerdings wird das Konzept durchaus kritisiert.Dabei wird bemängelt, dass die Daten zu Lebenserwartung und Gesundheit in diesen Regionen nicht immer zuverlässig oder gut dokumentiert sind. Außerdem wird kritisiert, dass sich die «Blue Zone»-Diät nicht wesentlich von der mediterranen Ernährung unterscheidet und dass kommerzielle Interessen hinter der Berichterstattung über die «Blue Zones» stehen. Bemerkenswert ist, dass die Lebenserwartung auf der Insel Okinawa inzwischen niedriger als auf dem japanischen Festland ist. Forschende führen dies auf die zunehmend westliche Ernährung auf der Insel zurück.

Herzlichen Dank Simon Feldhaus für dieses Gespräch.


Jahreskongress SSAAMP: Longevity / Gesund leben

Der diesjährige Jahreskongress der SSAAMP widmet sich auch dem Thema Longevity.
Er findet am 22. Mai 2025 in Pfäffikon (SZ) statt.


Weitere Links zum Thema

Anti Aging Fachgesellschaft - SSAAMP - Swiss Society for Anti Aging Medicine and Prevention

Deutsche Longevity Gesellschaft - Deutsche Longevity Gesellschaft e.V.

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Autor/in:
Simone Walther Büel
Tags zum Bericht:
Blog Unternehmenskommunikation

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